Besuch Gefängnis-Insel Bastoy mit dem deutschen Botschafter
Das Bastøy-Gefängnis ist das größte sogenannte „Niedrigsicherheitsgefängnis“ in Norwegen mit einer Kapazität von durchschnittlich 115 Insassen. In Bastøy befinden sich nur männliche Inhaftierete. Bastøy nimmt Häftlinge auf, die einen Teil ihrer Haftstrafe verbüßt haben und sich dem Ende längerer Haftstrafen nähern. Das Gefängnis liegt auf Bastøy im Oslofjord und ist Teil der Gemeinde Horten. Die Insel hat ca. 80 Gebäude, Felder sowie Wald.
Das Gefängnis verfügt über ein vielfältiges Stellenangebot mit Arbeitsmöglichkeiten in der Landwirtschaft, der Schifffahrtsabteilung, der Küche, dem Laden, den Werkstätten, der technischen Abteilung und der Schule. Auf der Insel gibt es außerdem eine Bibliothek, ein Informationsbüro, eine Krankenstation, eine Kirche, eine Schule, Anlegestellen für Schiffe, einen Fährbetrieb und einen eigenen Leuchtturm mit Mieteinrichtungen für kleinere Tagungen und Seminare. Geprägt wird die gesamte Einrichtung von dem in Norwegen vorherrschenden „Normalitätsprinzip“ im Strafvollzug, das heißt, von der Haltung, dass Resozialisierung am besten funktioniert, wenn die Bedingungen in Haft so weit wie möglich wie die Bedingungen in der Freiheit sind. Denn Menschen, die aus der Haft entlassen werden, sind „unsere Nachbarn von morgen“.
Besuch Hochsicherheitsgefängnis Halden
Wir besuchten nach der Gefängnis-Insel das Hochsicherheitsgefängnis Halden am Oslo Fjord. Es ist eine große Haftanstalt mit hoher Sicherheitsstufe für Menschen, die zu langen Haftstrafen verurteilt wurden, also in unserem „Amtsdeutsch“ ein geschlossener Männervollzug. Es besteht aus einer großen, in einem Wald gelegenen Fläche, die mit einer hohen Mauer umschlossen ist. Beeindruckend war auch hier das Leitprinzip, das uns der Anstaltsleiter gleich zu Beginn der Führung vermittelte, nämlich das sogenannte Normalitätsprinzip. Das heißt, die Strafe ist der Freiheitsentzug, aber mehr auch nicht. Weitere Repressalien sollte es nicht geben, es sollte also alles so „normal“ wie möglich ablaufen. Dieses richtige Prinzip gilt bei uns grundsätzlich auch, aber in Norwegen leitet sich daraus für die Haftbedingungen mehr ab: Jeder Insasse hat einen hell eingerichteten Haftraum mit eigener Dusche, die Fenster sind nicht vergittert, jeden Tag sind die Hafträume 10 Stunden aufgeschlossen, es gibt eine große Außenanlage mit Baumbestand, große Werkstätten und Schulräume. Der Personalschlüssel ist erheblich höher als bei uns, auf rund 260 Insassen kommen ca 230 Vollzugsbeamte. Es gibt für Väter in Haft ein „Pappa-Programm“ inklusive eigener Häuschen auf dem Haftgelände, in denen Häftlinge bei guter Führung mit ihrer Familie Zeit, auch mehrtägig und über Nacht verbringen können. Dadurch sollen die Bindungen der Inhaftierten zu ihren Familien, auch zu ihren Kindern, erhalten werden. Das ist nicht nur für inhaftierte Väter wichtig, sondern auch für deren Kinder. Resozialisierung wird in Norwegen groß geschrieben. Hiervon können wir in Deutschland noch lernen.
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