Die Antworten des Senats auf unsere schriftliche Anfrage zeigen: Noch immer werden jedes Jahr tausende Strafanträge wegen „Schwarzfahrens“ gestellt – allein von BVG und S-Bahn über 15.000 im Jahr 2024. Tausende Berliner*innen werden deshalb verurteilt, viele landen letztlich in Haft, weil sie Geldstrafen nicht zahlen können. Rund ein Zehntel der Ersatzfreiheitsstrafen in Berlin gehen auf das Fahren ohne Ticket zurück. Die Kosten für die Hafttage trägt die Allgemeinheit – im Jahr 2023 über 229 € pro Tag und Person.
Diese Praxis trifft besonders Menschen in Armut und verursacht immense soziale und finanzielle Folgekosten, ohne dass dadurch irgendjemandem geholfen ist. Unsere Forderung ist deshalb klar: Die Strafverfolgung von Beförderungserschleichung muss ein Ende haben.
Antje Kapek, verkehrspolitische Sprecherin:
„Wer ohne Ticket Bus fährt, macht das im Regelfall nicht in böswilliger Absicht, sondern schlicht, weil das Geld fehlt. Dafür sollten Menschen nicht auch noch mit heftigster sozialer Härte bestraft werden.“
Dr. Petra Vandrey, rechtspolitische Sprecherin:
„Ich fordere vom Senat, Alternativen zur Haftstrafe zu entwickeln, damit Geldstrafen zum Beispiel durch gemeinnützige Arbeit getilgt werden können. Das ist sozialer für die Betroffenen, billiger für die Steuerzahlenden und würde die Justiz entlasten.“
Unsere konkrete Forderung an den Senat: Der Verkehrsvertrag muss geändert werden, damit BVG und S-Bahn nicht länger gezwungen sind, Strafanträge zu stellen. Und: Wir brauchen niedrigschwellige, unbürokratische Programme zur Umwandlung von Geldstrafen in gemeinnützige Arbeit, bevor Menschen überhaupt im Gefängnis landen.
Link zur Anfrage: https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-22381.pdf
Presse:
- https://taz.de/Schwarzfahren-entkriminalisieren/!6083354/
- https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/schwarzfahren-in-berlin-leicht-gemacht-bei-der-bvg-gibt-es-nur-noch-halb-so-viele-kontrollen-li.2322875
- https://www.bz-berlin.de/berlin/bvg-kassiert-bei-schwarzfahren
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