Strafjustiz im Blindflug: Berlin braucht endlich Transparenz bei Untersuchungshaft und Verfahrensdauern

Die Antwort des CDU-SPD-Senats auf meine Anfrage „Strafjustiz in Berlin – Aktuelle Lage und künftige Herausforderungen“ offenbart gravierende Defizite im Umgang mit Untersuchungshaftverfahren in Berlin. Zwar betont der Senat die Bedeutung des Beschleunigungsgebots – tatsächlich aber fehlt es an jeder systematischen Kontrolle, ob dieses Gebot auch eingehalten wird. Verfahrensdauern in Haftsachen werden nicht statistisch erfasst, und der Senat kann daher keine belastbaren Aussagen zur tatsächlichen Umsetzung des Beschleunigungsgebots machen.

Dabei ist die Lage alarmierend: Allein im Jahr 2024 wurden fünf Haftbefehle aufgehoben, weil die Verfahren zu lange dauerten. Dass der Senat darin keine systemischen Defizite erkennen will, ist rechtspolitisch fahrlässig. Es geht hier um Grundrechtseingriffe – und die dürfen nicht im statistischen Blindflug erfolgen.

Der Senat muss endlich verbindliche Standards für die Erfassung von Verfahrensdauern in Haftsachen schaffen. Eine jährliche Berichterstattung an das Abgeordnetenhaus sowie ein internes Frühwarnsystem bei Verfahrensverzögerungen sind unverzichtbar, um die Wahrung des Beschleunigungsgebots zuverlässig sicherzustellen.

Auch die Personal- und Ressourcenplanung der Strafjustiz lässt zu wünschen übrig. Trotz zahlreicher Ruhestandsabgänge in den kommenden Jahren sind viele Stellen bereits jetzt unbesetzt. Es fehlt an einer vorausschauenden, strategisch gesteuerten Personalpolitik, die den wachsenden Anforderungen der Berliner Justiz gerecht wird.

Als Grüne setzen wir uns für eine moderne, verlässliche und grundrechtsorientierte Strafjustiz ein – mit klaren Standards, transparenter Kontrolle und einer Justiz, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt.

Link zur schriftlichen Anfrage: https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-22299.pdf

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