Frage zur Corona-Prävention in den Gefängnissen

Dr. Petra Vandrey: Mit welchen Maßnahmen reagiert der Senat auf die Ausbreitung der Pandemie in den Berliner Gefängnissen aktuell?

Senator Dr.Dirk Behrendt (SenJustVA) legt dar, durch Mitarbeitende und neu aufgenommene Gefangene sei das Virus auch in die Anstalten gedrungen. Es habe in den letzten Wochen eine ganze Reihe von Coronafällen gegeben, die den Vollzug vor besondere Herausforderungen stellten, weil in den doch recht engen Verhältnissen der Gefängnisse eine Ausbreitung und ein größeres Geschehen verhindert werden solle. Stand gestern seien vom Personal neun Kollegen sowie neun Gefangenepositiv getestet. Aktuell gebe es ein verstärktes Seuchengeschehen in der Justizvollzugsanstalt des offenen Vollzuges. In einer zwölf Personen umfassenden Wohngruppe seien sieben Personen positiv getestet worden. Es sei davon auszugehen, dass die Weitergabe in der Anstalt stattgefunden habe.

Ansonsten gebe es einzelne Coronafälle in den Anstalten, aktuell in Plötzensee und Moabit. Im Jugendarrest sowie in der Jugendstrafanstalt habe es Fälle gegeben, die aber ausgestanden seien, weil die Betroffenen entweder entlassen oder genesen seien. Bereits im Frühjahr seien Quarantänebereiche in allen Anstalten geschaffen worden, sodass positiv getestete Gefangene dort untergebracht werden könnten. Jeder neu aufgenommene Gefangene werde bei der Aufnahme getestet. Es gebe Umkehrisolierbereiche für die besonders Vulnerablen eingerichtet worden, um sie besonders schützen zu können. Die Bereitschaft, dorthin zu gehen, sei nicht besonders ausgeprägt. Die Gefangenen würden aber ausdrücklich auf die Gefährdung hingewiesen; eine zwangsweise Verlegung erfolge aber nicht.

Zwischenzeitlich seien die Bediensteten angewiesen worden, in den Vollzugsanstalten in geschlossenen Bereichen grundsätzlich einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Für die Außenbereiche gebe es eine Empfehlung, sofern der Mindestabstands zu anderen Personen nicht eingehalten werden könne. Die Gefangenen könnten auf freiwilliger Basis ebenfalls einen Mund-Nasen-Schutz tragen; entsprechende Masken würden zur Verfügung gestellt. Diese würden auch weiterhin in den Anstalten hergestellt. In den Quarantänebereichen und bei besonders körpernahen Tätigkeiten trügen die Bediensteten FFP2-Masken auch, wenn sie mit hochvulnerablen Gefangenen umgingen.

Die Besuchsregelungen sei noch nicht eingeschränkt worden. Momentan sei noch der reguläre Besuch eines Erwachsenen und eines Kindes zulässig. Die Besuchsräume seien mit entsprechenden Vorrichtungen ausgestattet, sodass direkter Körperkontakt ausgeschlossen sei und die Besu-cherinnen und Besucher Mund-Nasen-Schutz zu tragen hätten während des gesamten Aufenthalts. Eine Desinfektion der Hände sei obligatorisch. Ob bei zunehmenden Infektionsgeschehen in den kommenden Wochen Besuchsregelungen verändert würden, bleibe abzuwarten.

Vollzugslockerungen seien auf unbedingt nötige, vor allem behandlerische, Gründewie Ent-lassungsvorbereitungen oder medizinische Gründe, eingeschränkt. Gegebenenfalls werde nach Rückkehr getestet. Geeignete Gefangene für Lockerungserprobungen würden in den offenen Vollzug verlegt, damit sie im geschlossenen Vollzug keine Gefahr darstellten. Im Falle einer Infektion sowohl eines Mitarbeiters als auch eines Gefangenen griffen Pandemiepläne, die bislang gut funktioniert hätten. Wegen der Beschränktheit medizinischer Kapazitäten –es gebe einen relativ hohen Krankenstand im medizinischen Bereich in den Anstalten, insbesondere im Justizvollzugskrankenhaus –sei entschieden worden, die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe bis zunächst zum 4. Januar 2021 auszusetzen. Die sich aktuell in den Anstalten befindlichen 256 Ersatzfreiheitsstrafer blieben, es würde aber wegen des hohen Testaufwandes nicht mehr zu einem neuen Antritt geladen, da diese im Schnitt 30 Tage in der Anstalt seien. Ersatzfreiheitsstrafen, die im Anschluss an eine Haftstrafe vollstreckt würden, würden auch weiter vollstreckt, weil es keine zusätzlichen Testnotwendigkeitengebe. Der Arrest werde momentan noch vollstreckt. Aktuell gebe es neun Arrestanten. Die Arrestanstalt werde mit dem Land Brandenburg gemeinsam betrieben. Es gebe noch keine zwingende Notwendigkeit des Aussetzens. Auch stehe ohnehin zeitnah der Umzug in die Lützowstraße an. Die bisherigen, bereits im Frühjahr getroffenen Maßnahmen, den Vollstreckungsaufschub betreffend, seien bekannt. Insgesamt sei es ein Vollstreckungsaufschub; es werde nur der Zeitpunkt der Vollstreckung aufgeschoben. Es gebe keine Gnadenerweise.

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