Straftäter wegsperren, das war die Maxime des Strafvollzuges in der Zeit, in der die Justizvollzugsanstalt Tegel in der Kaiserzeit vor über hundert Jahren gebaut wurde. Dass die Gebäude der Teilanstalten noch immer an der Vorstellung des Strafvollzuges in dieser Zeit ausgerichtet sind, davon konnte sich die Fraktion bei einem Besuch am 19.08.2022 überzeugen. Die Teilanstalten I und III mussten bereits wegen unmenschlicher Haftbedingungen geschlossen werden. In der noch in Betrieb befindlichen Teilanstalt II sieht es nicht viel besser aus. Die Inhaftierten leben in Hafträumen von 6 qm-Größe. Platz für mehr als ein Bett, einen Tisch und einen Schrank gibt es nicht. Die Toilettenschüssel im Haftraum kann notdürftig durch einen Vorhang vom Rest der Zelle abgetrennt werden. Privatsphäre gibt es kaum. Jederzeit kann ein Vollzugsbeamter oder ein anderer Inhaftierter während der Freistunden die Zelle betreten. Aufgrund der wenigen Nasszellen auf jeder Etage, kann jeder Gefangene lediglich zwei Mal in der Woche duschen. Adäquate Räume für sozialtherapeutische Maßnahmen fehlen.
Trotz der sehr engagierten Arbeit der Vollzugsbediensteten, die einen großartigen Job machen, ist ein moderner Strafvollzug, der die Inhaftierten auf ein straffreies Leben in Freiheit vorbereitet, so sehr schwierig. Deshalb wollen wir die Sanierung und Umwandlung der Teilanstalt III zu modernen Haftplätzen weiterfinanzieren. Zudem sollte erwogen werden, auf der Freifläche, die auf dem Gelände durch den Abriss der Teilanstalt II entstanden ist, einen Neubau der Sozialtherapeutisch Anstalt (SothA) zu planen. Der Berliner Strafvollzug muss modernen Standards angepasst werden, hierfür ist noch einiges zu tun!
Wir danken dem Anstaltsleiter Herr Riemer und seinem Team für die ihre tolle Arbeit unter diesen schwierigen Umständen und für die interessanten Einblicke in die Haftanstalt.



Verwandte Artikel
Die Koalition ermöglicht Teilzeit für Rechtsreferendar*innen
Die Jurist*innenausbildung wird in Zukunft familienfreundlicher. Wer ein Kind unter 18 Jahren oder einen pflegebedürftigen Angehörigen zu betreuen hat oder einen besonderen Härtefall geltend machen kann, kann ab dem 01. Januar dieses Jahres den juristischen Vorbereitungsdienst in Teilzeit absolvieren.
Weiterlesen »
Treffen mit iur.reform
Am 02.11.2022 haben wir mit Vertreter*innen von iur.reform über die Verbesserung der juristischen Ausbildung gesprochen.
Weiterlesen »
Wenn Demokratie zu langsam ist … – ziviler Ungehorsam als legitimes Mittel für den Klimaschutz
Podiumsdiskussion an der TU-Berlin vom 11.07.2022 Angesichts der Proteste vieler Klimaschutzaktivist*innen, die unter anderem durch Autobahnblockaden auf die Klimakrise aufmerksam machen, hat mich die TU Berlin am 11.07.2022 zu einer…
Weiterlesen »