Justizpolitik

Die Berliner Gerichte stark machen

Als rechtspolitische Sprecherin unserer grünen Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus setze ich mich für eine starke, resiliente und unabhängige Justiz in Berlin ein.

Denn: Ein funktionierender Rechtsstaat ist das Rückgrat unserer Demokratie.

Nur eine gut ausgestattete Justiz ist eine leistungsstarke Justiz. Die Berliner Justiz braucht vor allem genug Personal und gut funktionierende, digitale Abläufe. Angesichts der bevorstehenden Pensionierungswelle müssen wir uns um die Gewinnung des richterlichen Nachwuchses kümmern, damit unsere Justiz in den nächsten Jahren gut aufgestellt bleibt.

Unsere Priorität muss sein, unsere Justiz resilient zu machen gegen verfassungsfeindliche Kräfte. In Polen und Ungarn haben wir gesehen, wie schnell es vorbei sein kann mit der Unabhängigkeit der Gerichte. In Deutschland genießen unsere Gerichte ein hohes Ansehen. Vor allem unser Bundesverfassungsgericht, aber auch der Berliner Verfassungsgerichtshof genießen eine breite Akzeptanz, ja eine Hochachtung. Zu recht – unsere Gerichte sind Bollwerke des Rechtsstaats, gerade in schwierigen Zeiten, in denen verfassungsfeindliche und autoritäre Kräfte stärker werden. Auch bei uns beginnen jedoch gefährliche Bestrebungen, unsere Gerichte zu delegitimieren, das ist alarmierend – wir müssen aufpassen!

Auch unsere Justiz, unser so wohlbehüteter Rechtsstaat ist gegenüber den Strategien autoritärer Kräfte verwundbar. Es beginnt damit, dass Gerichte delegitimiert werden. Autoritäre Kräfte, unterstützt von den entsprechenden Medien, beginnen damit, einzelne Gerichtsentscheidungen in Frage zu stellen, Gerichte als „gar nicht so unabhängig“ zu bezeichnen, die Richterschaft als abgehobene, elitäre Klasse hinzustellen  und einzelne Richter und Richterinnen anzugreifen, durch Beleidigungen und Drohungen.

Dies mussten wir in Berlin zum Beispiel erleben im Frühling 2025, als das Berliner Verwaltungsgericht entschied, dass die Zurückweisung von drei Asylsuchenden unzulässig, weil europarechtswidrig war. Darauf folgte eine regelrechte Kampagne gegen das Berliner Verwaltungsgericht, befeuert durch entsprechende Medien. Sogar der Vorsitzende Richter stand persönlich in der Kritik und wurde beleidigt und bedroht. Es ging nicht mehr um die Sachentscheidung, es wurde das Narrativ eines „linken Richters“ erzählt, es ging um ihn persönlich. Ein solcher Umgang mit unseren Gerichten stellt eine neue, eine erschreckende Dimension dar. Bislang galt die juristische Argumentation etwas, wenn es um die Entscheidung eines Gerichts ging, es ging  nicht persönlich um den Richter dahinter. Der Wind hat sich hier gedreht.

Hinzu kam folgendes: Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts war für Bundesinnenminister Alexander Dobrindt leider kein Grund, seine Migrationspolitik zu überdenken, vielmehr wurde auch von ihm die Gerichtsentscheidung zumindest relativiert. Er erklärte, als bloße „Einzelfallentscheidung“ sei sie für seine Politik nicht bindend. Wenn Regierungsparteien so argumentieren, trägt das ein weiteres Quäntchen dazu bei, Gerichte nicht „mehr ganz so ernst“ zu nehmen und damit ihre Akzeptanz in der Gesellschaft ein Stück weit zu schmälern.

Im Juli 2025 ereignete sich dann die unsägliche Kampagne um die Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf, einer anerkannten Juristin mit herausragender Expertise im Öffentlichen Recht, zur Richterin am Bundesverfassungsgericht. Beteiligt an dem öffentlich ausgetragenen Streit: Die beiden Regierungsparteien im Bund. Wer sich darüber freut: Antidemokratische Kräfte, denen der gute Ruf des Bundesverfassungsgerichts schon lange ein Dorn im Auge ist.

Auch dieser Streit hat unsere Justiz und das Vertrauen in demokratische Abläufe beschädigt. Alle demokratischen Parteien sollten aufpassen, der Untergrabung des Vertrauens in unsere Justiz nicht weiter Vorschub zu leisten: Die Unabhängigkeit, die Stabilität und die Akzeptanz unserer Justiz und damit unseres Rechtsstaats ist ein hohes Gut. Ist die Akzeptanz der Justiz erst einmal beschädigt, haben verfassungsfeindliche Kräfte leichtes Spiel damit, sie als Grundpfeiler unserer Demokratie in Frage zu stellen – das dürfen wir nicht zulassen.

Deshalb heißt Rechtspolitik für mich: Justiz stark machen, ihre Unabhängigkeit großschreiben. Für Berlin heißt das: Unseren Berliner Verfassungsgerichtshof resilient machen. Richter und Richterinnen an den Berliner Gerichten bestens ausstatten, mit funktionierender IT und exzellenten Fortbildungen. Und natürlich: Künftige Jurist*innen sehr gut ausbilden, so dass sie den Anforderungen, die auf unsere Justiz zukommen werden, gewachsen sind – juristisch und persönlich. Damit unsere Justiz ein unabhängiges und starkes Fundament unseres Rechtsstaats bleibt.

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