Reformieren, entlasten, vorbereiten: Die Zukunft der Jurist*innenausbildung

Mit unserem Antrag zur Reform der Jurist*innenausbildung (Drucksache 19/2372) vom 07.04.2025 setzen wir uns für weniger Stoffballast, mehr Praxisnähe und bessere Ausbildungsbedingungen in Studium und Referendariat ein.

Hintergrund

  • In den letzten Jahren ist deutlich geworden, dass die juristische Ausbildung in Deutschland – und spezifisch in Berlin – mit vielfältigen Problemen zu kämpfen hat, z. B.:
    • sehr große Stoffmengen, unklare Prüfungsanforderungen → Überforderung, Unzufriedenheit bei Studierenden.
    • hohe Abbruchquoten im Jurastudium (bundesweit etwa 20-25 %) als Hinweis auf Belastungen.
    • mangelnde Praxisnähe in Studium und Referendariat; unzureichende Vorbereitung auf die Anforderungen des Berufsalltags.
    • Referendariat oft mit hohem Leistungsdruck, wenig Betreuung, unstrukturierter Didaktik, fehlende Ressourcen.
    • Zusätzlich: Fachkräftemangel in der Justiz, u.a. wegen Pensionierungswelle und damit verbunden steigender Anforderungen.
  • Es gibt bereits Studien und Initiativen, die Reformbedarf festgestellt haben: z. B. „iur.reform“, Fachschaften-Beschwerden, Referendariatskommission.

Wichtigste Forderungen

  1. Stakeholder‐Prozess
    • Einbezug aller relevanten Akteurinnen (Studierende, Referendarinnen, Dozierende, Prüfungsämter, Berufsverbände) über die JuMiKo zur Erarbeitung zukunftsweisender, praxistauglicher Reformideen.
  2. Transparente Notenvergabe & paritätische Prüf­ungskommissionen
    • Regelmäßige wissenschaftliche Untersuchungen zur Notenvergabe der Erst- und Zweitkorrektur in den Staatsprüfungen in Berlin. Veröffentlichung der anonymisierten Ergebnisse.
    • Prüfkommissionen sollen paritätisch besetzt sein.
    • Prüfung auf systematische Ankereffekte; ggf. Einführung blinder Zweitkorrektur.
  3. Reduzierung des Prüfungsstoffs
    • Einsetzung einer bundesweiten Expert*innenkommission über JuMiKo, die Vorschläge zur Kürzung des Prüfungsstoffs macht.
    • Prüfungsstoff nur dann erweitern, wenn gleichzeitig Altes gestrichen wird.
  4. Alternative, praxisrelevante Prüfungsformate & stärkere Gewichtung praktischer Leistungen im Referendariat
    • Prüfen, wie z. B. Fallbearbeitungen, Moot Courts etc. mehr eingebunden werden können.
    • Praktische Leistungen während des Referendariats sollen stärker in die Note des zweiten Staatsexamens einfließen.
  5. Stärkung universitäre Repetitorien und Lehrprofessuren
    • Universitäre Repetitorien ausbauen, damit Studierende nicht (ausschließlich) auf kommerzielle Anbieter angewiesen sind.
    • Einführung von Lehrprofessuren, die sich insbesondere auf die Lehre konzentrieren.
  6. Didaktisch strukturierte Arbeitsgemeinschaften (AGs) im Referendariat
    • Gesamtkonzept mit klarer Struktur und einheitlichen Standards entwickeln.
    • Fortbildungen in Didaktik für alle AG-Leiterinnen verpflichtend machen; teilweise hauptamtliche AG-Leiterinnen einsetzen.
  7. Bessere Vorbereitung durch Klausurenkurse im Referendariat
    • Häufigere, aktuellere Klausurenkurse anbieten.
    • Übungsklausuren korrekturieren; Vorbereitung ermöglichen auch ohne kommerzielle Repetitorien; kompakte Wiederholungs- und Vertiefungskurse vor Prüfungsphasen.
  8. Finanzielle und strukturelle Ausstattung verbessern
    • Kammergericht und andere Ausbildungsinstitutionen sollen dauerhaft ausreichend Mittel haben.
    • Höhere Honorare für AG-Leiter*innen, damit diese Aufgabe attraktiv ist.
    • Justizeigene Unterrichtsräume und Gerichts-Bibliotheken modern ausstatten, z. B. mit WLAN.