Für eine gerechte Justiz braucht es mehr als Gesetze: Es braucht echte Zugänglichkeit – für alle. In unserer schriftlichen Anfrage wollten wir GRÜNE wissen, wie der Berliner Senat sicherstellt, dass alle Menschen wirksam und gleichberechtigt Zugang zur Justiz erhalten.
Die Antwort des CDU/SPD-Senats bleibt weit hinter dem Anspruch eines gerechten Rechtsstaats zurück. Zwar verweist die Senatsverwaltung auf bestehende Maßnahmen – etwa barrierefreie Gerichtsgebäude, digitale Akten oder Fortbildungen – doch eine systematische, strategische Antwort auf die tiefgreifenden Gerechtigkeitslücken im Justizsystem bleibt aus.
Was sagen die unabhängigen Expert*innen?
Der Zwischenbericht des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) zum „Zugang zum Recht in Berlin“ (2023) macht deutlich:
➡️ Menschen mit wenig Geld, mit Migrationsgeschichte oder eingeschränkter Sprachkompetenz stoßen auf massive strukturelle Hürden.
➡️ Beratung ist schwer zugänglich, Justizinstitutionen sind oft nicht diskriminierungssensibel, Informationen nicht verständlich.
➡️ Recht haben und Recht bekommen – das ist in Berlin nicht für alle das Gleiche.
Wo der Senat versagt – zentrale Kritikpunkte
🔴 Keine Öffentliche Rechtsauskunft (ÖRA): Trotz positiver Erfahrungen in Hamburg lehnt der Senat ein solches niedrigschwelliges Angebot ab – ohne echte Begründung.
🔴 Beratungshilfe bleibt schwer zugänglich: Komplizierte Antragsverfahren, sprachliche Barrieren und zu wenig Bekanntheit führen dazu, dass das Instrument kaum genutzt wird.
🔴 Unzureichende Struktur bei Rechtsantragstellen: Lange Wartezeiten, kein barrierefreier Zugang, fehlende Sprachmittlung und unklare Zuständigkeiten – der Senat sieht keinen Handlungsbedarf.
🔴 Diskriminierung bleibt folgenlos: Es gibt keine systematische Erfassung rassistischer oder ableistischer Diskriminierung durch Justizakteur*innen – Fortbildungen sind freiwillig, Monitoring fehlt.
🔴 Zersplitterte Beratungslandschaft: Statt einer integrierten, sozialraumorientierten Struktur listet der Senat Einzelangebote – eine koordinierte Strategie fehlt.
🔴 Sprachbarrieren und Digitalisierung: Automatische Übersetzungstools ersetzen keine professionellen mehrsprachigen Informationen. Online-Angebote sind nicht an den Bedarfen der Zielgruppen ausgerichtet.
Unsere GRÜNE Forderungen: Zugang zum Recht sozial gerecht gestalten
✅ Einführung einer Öffentlichen Rechtsauskunft (ÖRA) in Berlin – als niedrigschwelliges, unbürokratisches Angebot für alle
✅ Beratungshilfe ausbauen und vereinfachen – auch digital, mehrsprachig und barrierefrei
✅ Qualitätsstandards für Rechtsantragstellen und Gerichtsservices – mit verbindlichen Vorgaben zu Barrierefreiheit, Sprachmittlung und Antidiskriminierung
✅ Monitoring von Diskriminierung im Justizsystem – strukturelle Erfahrungen sichtbar machen und institutionell bearbeiten
✅ Multiprofessionelle, aufsuchende Beratungsangebote schaffen – und gezielt in sozialen Brennpunkten verankern
✅ Rechtsinformation mehrsprachig, verständlich und offline wie online verfügbar machen
✅ Forschung und Evaluation verstetigen – der WZB-Zwischenbericht muss Konsequenzen haben
Unser Ziel: Eine Justiz, die niemanden ausschließt
Wir GRÜNE stehen für ein Justizsystem, das nicht nur formal gerecht ist, sondern tatsächlich erreichbar – unabhängig von Einkommen, Herkunft, Sprache oder Behinderung. Berlin braucht verbindliche Strukturen statt punktueller Maßnahmen, politische Verantwortung statt technokratischer Verwaltung.
Der Zugang zum Recht ist kein Privileg. Er ist Voraussetzung für Teilhabe und Demokratie.
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