Juristische Ausbildung reformieren – Für eine starke, zukunftsfähige Justiz
Die juristische Ausbildung steht bundesweit, auch in Berlin vor großen Herausforderungen, die sowohl die Studierenden und Referendar*innen als auch die Justiz selbst betreffen. Der derzeitige Ausbildungsprozess ist von einer enormen Stoffmenge und unklaren Prüfungsanforderungen geprägt, was häufig zu Überforderung und Unzufriedenheit unter den Studierenden führt. Die Abbruchquote des Studiums ist sehr hoch. Es fehlt es an praxisnahen Ausbildungsinhalten, was die Studierenden unzureichend auf das spätere Berufsleben vorbereitet. Es mangelt an Diversität, Interdisziplinarität und Digitalisierung. Auch im zweiten Abschnitt der Ausbildung, dem Referendariat, kämpfen die angehenden Jurist*innen mit hohen Anforderungen. Hoher Leistungsdruck, psychische Belastung, Mangel an Betreuung und Struktur und fehlende Praxisnähe sind die wesentlichen Kritikpunkte. Zudem wird der Fachkräftemangel in der Berliner Justiz akut. Es werden, insbesondere wegen der anstehenden Pensionierungswelle, in Berlin künftig Richter*innen und Staatsanwält*innen fehlen, um die steigende Arbeitsbelastung und den Zustrom an Verfahren zu bewältigen. Ein Rechtsstaat braucht jedoch eine leistungsfähige Justiz. Reformanstrengungen stärken den Wirtschaftsstandort und den Rechtsstaat.
Ausbildung neu denken – Für verantwortungsbewusste und kritikfähige Jurist*innen
Wir wollen die juristische Ausbildung reformieren. Wir wollen eine praxisnahe Ausbildung, die die Jurist*innen von morgen in die Lage versetzt, verantwortungsbewusste Entscheidungen zu treffen, in einer Gesellschaft, die immer polarisierter wird. Wir wollen kritikfähige Jurist*innen, die sich ihrer Verantwortung für den Rechtsstaat und unsere Demokratie bewusst sind.
Juristische Ausbildung gemeinsam gestalten – Reform im Dialog mit allen Beteiligten
Über die Justizministerkonferenz wollen wir einen breiten Stakeholder-Prozess mit dem Ziel der Verbesserung der juristischen Ausbildung initiieren, der alle relevanten Akteur*innen – darunter Studierende, Referendar*innen, Dozierende, Prüfungsämter und Berufsverbände – in die Diskussion über die Reform der juristischen Ausbildung einbezieht, um zukunftsweisende Lösungen für eine zeitgemäße und praxistaugliche juristische Ausbildung zu erarbeiten.
Juristische Ausbildung modernisieren – Transparent, praxisnah und diskriminierungssensibel
In Berlin wollen wir die E-Examen auch für das 1. Staatsexamen einführen, für eine höhere Transparenz bei der Notenvergabe im 1. und 2. Staatsexamen sorgen und die Prüfungskommissionen paritätisch besetzen. Wir wollen alternative praxisrelevante Prüfungsformate prüfen und werden für eine stärkere Gewichtung der praktischen Leistungen während der Referendarzeit bei der Note des zweiten juristischen Staatsexamens einsetzen. Für die Arbeitsgemeinschaften im Referendariat soll gemeinsam mit dem Kammergericht ein strukturiertes didaktisches Gesamtkonzept entwickelt werden. Bestandteil hiervon soll sein, Fortbildungen in den Grundlagen der Didaktik für alle AG-Leiter*innen anzubieten und verpflichtend zu machen sowie hauptamtliche AG-Leiter*innen einzustellen. Ausbildungsunterlagen sollen standardisiert und digitalisiert werden. Das Kammergericht soll dabei unterstützt werden, im Referendariat die Klausurenkurse häufiger anzubieten, den Klausurenstoff zu aktualisieren und auch eine Korrektur der Übungsklausuren durchzuführen, um die Referendar*innen besser auf das 2. Staatsexamen vorzubereiten. Ziel soll sein, den Referendar*innen eine Vorbereitung auf das Examen ohne kommerzielle Repetitorien ermöglichen. Justizeigene Unterrichtsräume und die Bibliotheken der Gerichte sollen mit W-Lan ausgestattet werden. Wir setzen uns dafür ein, dass Menschenrechtsbildung sowie Fortbildungen zu Rassismus, Sexismus und Trans- und Homosexuellenfeindlichkeit fester Bestandteil des Jura-Studiums, des Referendariats und der verbindlichen Qualifizierungsmaßnahmen für Rechtsanwält*innen, Staatsanwaltschaft und Richter*innen werden, mit dem Ziel, Jurist*innen dazu zu befähigen, rassistische, trans-/homosexuellenfeindliche und sexistische Straftaten als solche zu erkennen, diese effektiv zu verfolgen und mit den Opfern solcher Taten angemessen umzugehen.