Plenum AGH

Meine Rede zum IT-Desaster am Berliner Kammergericht

Sehr geehrter Herr Präsident!
Meine Damen und Herren!

Uns als Grünen-Fraktion, möchte ich erst einmal klarstellen, ist der Datenschutz extrem wichtig, natürlich und gerade auch im Bereich sensibler Daten, wie sie in der Justiz vorhanden sind. Was hier am Kammergericht passiert ist, möchte niemand schönreden, auch nicht die Grüne Senatsverwaltung. Es ist tatsächlich ein IT-Desaster, wir nehmen als Grüne diesen Vorfall sehr ernst. Die hier durch die Opposition jetzt vehement vorgebrachten Vorwürfe gegen die Justizverwaltung kann ich allerdings wenig nachvollziehen. Das Parlament wurde in den zuständigen Ausschüssen jeweils nach dem aktuellen Erkenntnisstand informiert. Ende September wurde der Vorfall bekannt, schon im Oktober waren der Präsident des Kammergerichts, Herr Pickel, und die Senatsverwaltung in den jeweiligen Ausschüssen. Auch die Senatsverwaltung war selbstverständlich in den zuständigen Ausschüssen anwesend und stellte sich den Fragen der Parlamentarier. Die Staatssekretärin für Justiz hat eingehend erläutert –und zwar ganz aktuell, schon Anfang Oktober des letzten Jahres –, welche Schritte eingeleitet wurden, um der Krise zu begegnen. Direkt nach dem Bekanntwerden des Virus wurde die gesamte IT des Kammergerichts vom Netz genommen –das war die richtige und sehr schnelle Entscheidung der Senatsverwaltung, der entscheidende Schritt. Hier hat die Justizverwaltung richtig und konsequent entschieden. In den nächsten Tagen gab es ein Notfallregime; in Zusammenarbeit mit dem ITDZ wurden frische Rechner angeschafft. Eine Kommunikation war belastet, das ist richtig. Eine Kommunikation zwischen Anwaltschaft und Kammergericht war aber zu jedem Zeitpunkt vorhanden. Ich kann dies aus eigener Erfahrung sagen, weil ich auch als Rechtsanwältin tätig bin. Ich habe nicht erlebt, dass Gerichtstermine verschoben wurden oder Beschlüsse nicht gefasst werden konnten. Es ist richtig: Es wurde in diesem Zeitraum sehr viel gefaxt und weniger gemailt, es war aber nicht so, dass das Kammergericht in seiner Tätigkeit lahmgelegt wurde. Das ist ja der Vorwurf der Opposition; es war auch Teilen der Presse zu entnehmen, es habe hier eine Lahmlegung unseres höchsten Berliner Gerichts gegeben. Das kann ich nicht bestätigen. Diese Bewertung schießt einfach über das Ziel hinaus und ist polemisch. Sicher gibt es das Rechtsstaatsprinzip, das effektiven Rechtsschutz gebietet. Ein Rechtsschutz war zu keinem Zeitpunkt beeinträchtigt. Die Verfahren am Kammergericht – schließlich laufen sie ja. An dieser Stelle ist den Richtern und Richterinnen des Kammergerichts, natürlich auch den Rechtspflegern und Rechtspflegerinnen, ausdrücklich zu danken, die trotz der erheblichen Belastung dafür gesorgt haben, dass wir ein funktionierendes Kammergericht hatten. Diese einleitenden Worte waren zur Klarstellung. Das heißt natürlich nicht, dass wir den Vorfall nicht ernst nehmen. Wenn hier tatsächlich Daten abgeflossen sind –was übrigens in dem forensischen Gutachten selbst so deutlich gar nicht steht, sondern erst bei dem Gespräch am letzten Freitag mündlich so mitgeteilt wurde –, ist das tatsächlich eine sehr große Krise. Was also sind jetzt die richtigen nächsten Schritte? Wir brauchen Aufklärung, das ist richtig. Die Berliner Daten-schutzbeauftragte ist bereits beteiligt, dafür hat unsere Justizverwaltung gesorgt. Und Konsens ist auch: Es soll externer Sachverstand eingeschaltet werden. Ob wir den externen Sachverständigen Sonderermittler nennen oder nicht, ist mir relativ egal. Die Bezeichnung ist nicht das Wesentliche. Wichtig ist, dass dem Kammergericht jetzt externe und unabhängige IT-Expertise zur Seite gestellt wird, und dafür hat unsere Senatsverwaltung gesorgt. Jetzt gilt es, in die Zukunft zu schauen. Wir möchten, dass die gesamte IT des Kammergerichts völlig neu aufgesetzt wird und das Kammergericht in den Mantel des ITDZ schlüpft. Richter und Richterinnen sollten nur noch an gesicherten, durch die Verwaltung zur Verfügung gestellten Geräten arbeiten, nicht mehr an privaten Geräten. Wir sollten jedoch noch weiter gehen. Wir sollten eine IT-Sicherheitsrichtlinie für die Justiz erstellen, natürlich nicht nur für das Kammergericht, sondern für unsere gesamte Berliner Justiz. Außerdem sollten wir uns dafür einsetzen, nicht nur für die Justiz, sondern für die Berliner Verwaltung insgesamt, eine unabhängige IT-Stelle zu schaffen, die für Sicherheit in der IT der Berliner Verwaltung sorgt. Daran arbeiten wir als Grüne. Also im Fazit: Wer stehen bleibt, ist angreifbar –das habe ich in einem Presseartikel im Zusammenhang mit der IT-Krise am Kammergericht gelesen, und das ist richtig. Wir müssen uns also bewegen, auch im Zuge der Einführung der elektronischen Akte an den Gerichten. Wir brauchen einheitliche IT-Standards für die Berliner Justiz. Ein so schwerwiegender Sicherheitsvorfall wie jetzt am Kammergericht darf nicht wieder passieren, und zwar an keinem unser Berliner Gerichte. –Vielen Dank!

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