Meine mündliche Anfrage zur Nachwuchsförderung in der Justiz

Im Plenum am 5. November 2020 habe ich mich nach der Nachwuchsförderung in der Justiz erkundigt: „Liebe Kollegen und Kolleginnen! Auch eine Frage zurJustiz: Gelingt es dem Senat, auch wäh-rend der Pandemie den dringend benötigten Nachwuchs für die Berliner Justiz zu gewinnen?“

Die Antwort des Senators Dr. Dirk Behrendt (Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung) lautete:

„Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Wir haben, als es mit der Pandemie im März losging, erwogen: Können wir es verantworten, die Ausbildung weiterzuführen? Können wir im Justizbereich eine qualitätsvolle Ausbildung anbieten? Oder müssen wir wegen Corona Einschränkungen vornehmen?

Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir eigentlich in voller Kraft weiterhin Ausbildungen anbieten wollen, denn wir brauchen für die nächsten Jahre viele junge und mittelalte Menschen für die Justiz, um unsere Justizdienstleistungen in der gewohnten Art und Weise zu erbringen.Wir haben uns deswegen entschieden, dass wir das nicht runterfahren, dass wir also über das ganze Jahr auch Auswahlverfahren für die Ausbildungsberufe machen, dass wir auch für Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte Auswahlverfahren machen. Zum Teil haben wir das digital gemacht, zum Teil auch im realen Gespräch. Wir haben die Kapazitäten hier nicht runtergefahren, und insofern bin ich sehr froh, dass es uns gelungen ist –durch eine Kraftanstrengung, das muss man dazusagen, das war deutlich aufwendiger als die Auswahlverfahren, die wir sonst gemacht haben –, auch in diesem Jahr in sehr großem Umfang Menschen für die Berliner Justiz zu gewinnen und einzustellen.

Ich möchte Ihnen nur drei Zahlen für die verschiedenen Bereiche nennen. Bei Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten, die wir bekanntlich nicht selbst ausbilden, sondern die von den Universitäten abgehen oder die wir aus Anwaltsbüros abwerben, haben wir es mit Stand heute geschafft, fast 80 Kolleginnen und Kollegen einzustellen, die Einstellungsverfahrens also tatsächlich so weit zu treiben, dass sie die Urkunde auch schon bekommen haben. Damit bewegen wir uns ungefähr auf dem Niveau der vorherigen Jahre. Darüber bin ich sehr froh, denn wir haben es wie alle anderen Bereiche der Verwaltung aufgrund der Altersstruktur in den nächsten Jahren mit erheblichen Abgängen zu tun. Hier haben wir also knapp 80 junge Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Richterinnen und Richter eingestellt. Bei dem nichtrichterlichen Dienst in den Gerichten –das ist mit Abstand der allergrößte Teil unseres Personals; wie Sie wissen, sind die Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte personell in der deutlichen Unterzahl –haben wir sehr große Ausbildungslehrgänge aufgelegt. Wir bilden momentan noch parallel aus, für den mittleren Dienst, den Sie uns ermöglicht haben, und auch für den Bereich der Justizfachangestellten. Dort haben wir 251 junge und mittelalte Menschen gewinnen können und eingestellt, um die Ausbildung bei uns aufzunehmen. Auch darum bin ich sehr froh. Das sind insbesondere die Menschen, die in den Gerichten dafür sorgen, dass das Geschäft überhaupt läuft – Akten anlegen, Post einsortieren, Termine koordinieren usw. –, und die später, wenn sie aufsteigen, dann auch Rechtspflegeaufgaben übernehmen können.

Für den Vollzug, also für die Gefängnisse –da haben wir ja die ganze Zeit volle Leistung bringen müssen –, werden wir am Ende des Jahres 120 Menschen zur Ausbildung eingestellt haben. Die letzten 24, die wir gerade ausgewählt haben, beginnen ihre Ausbildung am 1. Dezember. Ich sage es noch mal: Es war uns ganz wichtig, dass wir, damit der Rechtsstaat trotz Corona erhalten bleiben kann, keine Abstriche machen. Wir haben auch Referendarinnen und Referendare in sehr großem Umfang eingestellt; hier nehmen wir unsere Ausbildungsverpflichtung wahr. Im Mai hatten wir das mal reduziert, weil wir gesagt haben, dass es wegen der Ungewissheit, wie die Arbeit überhaupt weitergeht, nicht verantwortbar ist, in vollem Umfang Referendarinnen und Referendaren einzustellen. Ich bin aber sehr froh, dass die folgenden Einstellungstermine wieder voll waren. Wir haben 460 Referendarinnen und Referendare im Laufe des Jahres eingestellt.

Dankeschön!“

Meine Rückfragen: „Vielen Dank, Herr Senator! Jetzt haben Sie dargestellt, wie viele Menschen Sie eingestellt haben. Wie sieht denn überhaupt die Bewerbungslage im Bereich der Justiz aus?“

Senator Dr. Dirk Behrendt (Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung): „Die Bewerberinnen- und Bewerberlage ist ausgesprochen erfreulich. Bei den Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten gelingt es uns in sehr großem Umfang, die Leute zu motivieren, in Berlin in den Justizdienst zu kommen.

Die Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Bundesländern –Hamburg einmal ausgenommen, denen geht es da auch noch gut –beneiden uns darum, dass so viele sehr hochqualifizierte Bewerberinnen und Bewerber gerne nach Berlin kommen und wir uns auch den Luxus leisten können, tatsächlich auszuwählen, obwohl wir sehr viele einstellen. Wir lehnen auch in mittelgroßem Umfang Kolleginnen und Kollegen ab.

Was die Ausbildungsberufe angeht, haben wir erfreuliche Bewerberinnen- und Bewerberzahlen, die so hoch sind wie die letzten zehn Jahre nicht mehr. Das scheint ein bisschen ein Ergebnis der Krise, der Pandemie zu sein, dass die Menschen gerne in den öffentlichen Dienst kommen wollen und die Sicherheit des öffentlichen Dienstes in diesen Krisensituationen schätzen.

Deswegen haben wir sowohl für die Bereiche der Ausbildungsberufe in den Gerichten als auch für den allgemeinen Vollzugsdienst wieder Bewerberinnen- und Bewerberzahlen, wie wir sie schon ganz lange nicht gesehen haben. Das ist wirklich sehr, sehr erfreulich. Nun machen wir auch werbende Bemühungen, aber wir können momentan wirklich aus dem Vollen schöpfen. Wir überlegen für die Gefängnisse auch, ob wir nicht wegen dieser sehr guten Bewerberinnen-und Bewerberlage noch einmal einen zusätzlichen Ausbildungslehrgang im Januar auflegen –außer der Reihe mit 24 Stellen –, damit wir die vielen, die zu uns kommen wollen, auch tatsächlich gewinnen und halten können, denn wer weiß, ob das in Zukunft auch so ist. Also, es ist sehr erfreulich, viele kommen gerne in den öffentlichen Dienst in diesen unsicheren Zeiten, und wir machen die Türen weit auf, weil wir sie brauchen. –Danke!“

Verwandte Artikel